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Eine kleine Ode an den Schulalltag

Als mich heute der Wecker pünktlich um sechs Uhr aus den Armen von dem Bikinimädchen, welches ich gerade eben im Traum kennen gelernt hatte, riss, ahnte ich schon, dass bei der Entscheidung Schule oder Mädchen ganz klar die Schule nicht gewinnen würde. So zeigte ich dem Wecker, dass es auf keinen Fall so spät sein kann, indem ich ihn mit der flachen Hand flachlegte. Nun wäre wieder das Bikinimädchen an der Reihe. Nur der Wecker hat diese Niederlage nicht auf sich sitzen lassen und erklärte mir den Krieg. Natürlich habe ich die Partie gleich angenommen. Schnell gab der Wecker seine gesamte Strategie Preis. Durch kleine ohrenbetäubende Kampftöne startete er gleich nach den ersten fünf Minuten. Das lies mich natürlich kalt. Ich legte mich auf die Lauer und tat so, als ob ich ihn nicht bemerken würde. Da wurde er übermütig und schrie noch ein lauteres Geschwader über den Nachttisch mitten in mein Bett. Aber ich wartete ab. Es blieb spannend. Meine Taktik war klar: ich würde ihn so lange brüllen lassen, bis ihm der Strom ausgeht. Das hieß es könnte nicht länger als drei Monate piepsen und dann hätte ich den Stellungskrieg wegen der besseren Versorgung meiner Truppen für mich entschieden. Und fünfzehn Minuten hatte ich schon ausgeharrt. Da fing der Wecker jedoch urplötzlich einen Blitzkrieg an und versuchte meine Stellungen einzunehmen. Das japanische Kampftuten schritt in Dimensionen unvergleichlichen Ausmaßes. Jetzt musste ich handeln. Aug in Aug standen sich die beiden Erzfeinde gegenüber. Mit der Kampfansage "Du hast zwar diese Schlacht gewonnen aber noch lange nicht den Krieg" holten wir zu unserem letzten Gefecht aus. Ein lautes tuten - eine Hand fliegt durch die Luft - Aufschrei Wecker - kurzer Fingerhagel auf die Tasten - Abgewehrt! - Gegenangriff Dreiklang auf drei Uhr - schwere Schäden - Hohe Verluste auf beiden Seiten- Sturzflug Links - In die deckungslose Flanke - Und TOT Wecker! Eiskalt verwandelt! Nach diesem triumphalen Hochgefühl konnte ich mich noch siegessicher zurücklegen und versuchen wieder den Traum zu verfolgen. Doch der Kampf zeigte seine Spuren und ich träumte wie unschuldige Kinder in der Schule gnadenlos gefoltert werden, nur weil sie zu spät gekommen sind...
Da schreckte ich auf. Ok, sieben ist auch eine schöne Zeit zum Aufstehen und es besteht sogar noch eine theoretische Chance pünktlich zu kommen. Zur zweiten Stunde zumindest. Noch ein letzter Atemzug und die Show kann beginnen. Aufgeschreckt wie ein Waschbär, dem das Heck brennt, hechte ich mich ins Bad. Allerdings wird die ganze Aktion schnell durch die lahmarschige Dummfickertür gebremst. Wenn ich die Sau erwische die dieses Scheißteil so gebaut hat, dass es in die andere Richtung aufgeht, dann werde ich nicht meine humanistische Bildung raushängen lassen und mit ihm Tee trinken...
Entmutigt durch diesen herben Rückschlag, im wahrsten Sinne des Wortes, beschloss ich dann doch die Sache etwas ruhiger anzugehen und ein paar Gänge runter zu schalten. Schließlich ist es ja auch nicht meine Schuld, wenn die Schule um acht anfängt. Ich habe das nicht ausgemacht. Wenn die anderen anscheinend unter seniler Bettflucht leiden, einen schnarchenden Anhang im Bett oder ähnliches, dann muss ich ja wohl dafür nicht büßen. Bin schließlich kein Christ, der für die Sünden anderer büßt! In so schöne Gedanken versunken stand ich vor der Dusche und fing an darüber nachzudenken, wie toll es wäre arbeitslos zu sein. Ich stellte mich trotzdem unter die Dusche. Nun ist es aber so: es gibt ja viele verschiedene und ziemlich bekloppte Menschen ebenfalls auf der Welt. Nur ich gehöre zu der Gruppe, die entgegen allen modischen Gesinnungswandlungen ganz gern so warm dusche wie es mir passt. Ich muss meinem Ego keine Kunststücke vorführen. Sie sehen schon worauf ich hinaus will. Die Dusche war da anderer Meinung. Ist es nicht eine unglaubliche Gefährdung der gesamten Freiheit des Menschen wenn die Alltägliche Dusche nicht warm genug ist? Mein Hirn ist noch nicht aufgewacht, die Sonne schläft noch irgendwo hinter den Alpen (oder ich weiß nicht so genau wo die wohnt), mein Körper schleift sich in die Wanne und dann das! Der Oberarsch von Dusche spritzt mir sein kältestes Wasser auch noch auf den Rücken. Ich weiß ja nicht ob es überhaupt etwas ekligeres gibt. Da ist es ja komplett legitim sich am Duschvorhang festzuhalten, auch wenn der reißt, und dann mit dem Duschschlauch zu kämpfen als wäre es eine Schlange. Meine Damen und Herren, das sieht nicht lächerlich aus, das ist ein nackter Kampf ums Überleben, da bleibt nun mal keine lange Zeit sich in stilvollen Posen zu präsentieren...
Von dem Krach wachte natürlich mein Bruder auf, der auch schon gleich Panik verbreitend mir erläuterte wie spät es zu seien schien. Aber auch wenn ich zu antworten in der Absicht gewesen wäre, hätte sich das ganze ziemlich affig angehört. Mit der Zahnbürste im Mund und dem Rasierer in der Hand. Frauen behaupten ja immer von sich mehrere Dinge gleichzeitig vollbringen zu können. Das ist für mich nichts Neues, schließlich bin ich sicher nicht der einzige Mann der täglich Zeitdruck, Müdigkeit, Nörgeleien und Existenzkrisen unter einen Hut bringt und in Ruhe, Gelassenheit und Teilnahmslosigkeit umwandelt. Und dass alles während er sich rasiert, die Zähne putzt und kämmt. Zugegeben das alles gleichzeitig zu machen ist die dümmste Idee die man je haben kann, einfach aus dem Grund, dass man dann nichts mehr richtig hinbekommt und außerdem mehr Zeit dafür braucht. Aber jeder Mann weiß, nur wer des Unmögliche um so sinnloser, um so besser zu bezwingen versucht, auch wenn er dabei umkommt, ist auch wirklich ein Mann. Liebe weibliche Leser, auch wenn Sie sich jetzt denken, dass ich spinne... ok dann haben sie recht... ich meine aber das kann man nur verstehen, wenn man es selber ausprobiert hat. Und irgendwas Gutes muss doch dran sein verrückte Dinge zu tun, sonst würden es ja nicht alle Männer tun... ok nicht alle, sagen wir mal alle richtigen; gehen sie einfach von Grünwald nach Schwabing dann finden sie schon welche ;-)
Aber bevor ich ins schwafeln komme: nachdem also dieser unglaubliche, ungeheuerliche, riesige Akt der morgendlichen Pflege abgeschlossen war, konnte ich alle meine Wunden, die ich mir beim rasieren zugezogen hatte, mit Klopapier abdecken, um die Blutung zu stillen. Ich weiß auch nicht warum ich es nie schaffe mich mal normal zu rasieren, um nicht wie nach einer Messerstecherei auszusehen. Ich glaube das liegt an meiner Haut!
Zeit für Frühstück ist natürlich unter anbetracht der fortschreitenden, immer vorwärts, nie zurückschreitenden Uhr (hier können wir uns mal ein Beispiel nehmen) keine. Einen Tee in Ehren jedoch kann niemand verwehren. Durch das Teelein gestärkt, machen wir uns auf den Weg zum Auto. Ja, selbst mir wurde nach harten Auseinandersetzungen mit dem TÜV der Führerschein genehmigt. Diesen muss ich aber auf der Fahrt in die Schule zu Hause lassen, gleich neben Verstand und Manieren. Schließlich ist der Schulweg die Möglichkeit schlechthin die vertrödelte Zeit aufzuholen. Und wer keinen Lappen hat, dem kann auch keiner genommen werden! Das Teetrinken ist bei uns, sonst religiös Unbelastenten ein Ritual, fällt also in die Religionsfreiheit und dafür darf man sich ja auch wirklich etwas Zeit gönnen. Aber selbst der dreisteste Autofahrer hat keine Chance rechtzeitig zu kommen, wenn die anderen Autos es noch eiliger haben. Außerdem ist es ja gefährlich schnell zu fahren, und dass man es mal mit Gemütlichkeit probieren soll singt selbst Balu. Bei einer ruhigen und entspannten Autofahrt hat man zudem die Möglichkeit sich die neuesten und besten Ausreden einfallen zu lassen. Man ist nicht nur vor Gericht unschuldig, wenn man an seiner Schuld Zweifel erwecken kann. Heute gewann "Ich wollte eine Abkürzung nehmen, um früher da zu sein, diese erwies sich jedoch als noch länger..." klar vor "Ich wollte Religionsfreiheit mal mit dem fernbleiben der Relistunde neu definieren. Schließlich zieht der alte Stiefel mit dem "Es war Stau sogar im Bett" und dem "Ich hatte schon wieder eine Panne, mein Auto ist schließlich fast so alt wie Sie" durch die starke Abnutzung nicht mehr so gut.
Jetzt bin ich aber endlich in der Schule. Mit den Worten "Sei brav, iss dein Pausenbrot" verabschiede ich mich von meinem Bruder an der Tür und schleiche mit Herzklopfen, wie vor einem Rendezvouz, in die Klasse. Nur einen kurzen Blick ins Kollegstufenzimmer riskiere ich noch. Erstaunlicherweise hat nämlich die 12te Klasse so wenig zu tun, dass immer einer von ihnen da drin hockt und irgendwas macht. Lange kann ich aber nicht "Hallo" sagen, ich habe ja noch was vor. Das ist: so wenig wie möglich zu spät kommen. So schleiche ich mich fast wie ein Indianer ganz langsam und leise an die Tür. Öffne diese ohne großen Lärmaufwand und schreite wie in Zeitlupe durch den Türrahmen ins Klassenzimmer. Aber wie das Leben so ist: man hat mich trotz Tarnung entdeckt. Komplett fassungslos durch den behämmerten Anblick eines Mitschülers, der sich durch den Türrahmen wie die dämlichste Plattfußindianerkarikatur schleicht, starrt mich die ganze Klasse mit göttlichem Beistand (unserem Religionslehrer Herr Buckenmaier) an. Ich beschließe meine Taktik schnell zu ändern und tue so als wäre nichts gewesen. Ohne große Worte zu verschwenden hole ich meine wenigen Sachen (keine Angst, irgendwann kauf ich mir den restlichen Krempel noch, zumindest dann wenn Schule interessanter wird als Fernsehen) und gehe ruhig an meinen Platz. Nur muss ich da noch den Lehrer bitten mir den Weg zu räumen, da ich meinen Stuhl ja nur dann erreichen kann. Dumm nur, dass nun das Eis gebrochen war und er mich wieder einmal schimpfen konnte. Übrigens, das mit der Abkürzung hat er mir nicht abgenommen. Angeblich müsste ich den Weg nach neun Jahren kennen. So ein Pech, das kann ja wohl keiner ahnen. Aber einen Versuch war's wert! Da müssen Sie mir doch recht geben.
So, jetzt ist aber Schluss mit dem Geschreibe, schließlich haben Sie sicher wie ich noch andere Dinge zu tun. Ich würde ja noch so gerne auf alle möglichen Highlights des Schulalltags zu sprechen kommen... Unvergesslich die Grundsatzdiskussionen in und um die Religion, oder die Schlafwandlungen in Mathe, die Pingelichkeiten der Biolehrer, die 12te Klasse, und und und. Nur dummerweise habe ich aufgrund schwerster Feierlichkeiten und extrem ungeschickter Terminsetzungen keine Zeit mehr weiterzuschreiben. Ich bitte dies nicht mit mangelhaft oder schlecht zu bewerten, schließlich habe ich meinen Namen und das Datum richtig geschrieben. Außerdem bin ich hier ja mal wieder so unschuldig wie die Jungfrau Maria, da ich den Redaktionsschluss nicht selbst gemacht habe. Vielen Dank, dass ich Ihnen mit meinem unwichtigen Gelaber die Zeit etwas produktives zu tun gestohlen habe, aber sie hätten ja nicht weiterlesen brauchen. Und fragen sie nie nach einem Sinn, wenn es keinen gibt. Also auch nicht warum ich jetzt diesen Text geschrieben habe und was uns der Autor damit sagen will.

Roman Linke


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